Frankfurter Rundschau: Filmemacher soll zahlen
Hessen
Dannenröder Forst: Filmemacher soll zahlen
Von Jutta Rippegather
Ein Journalist klagt gegen Kostenbescheid nach Polizeieinsatz im Dannenröder Forst. In dem Konflikt geht es auch um die Frage der Grenzen neutraler Berichterstattung.
Marburg - Im Herbst feiert David Klammers Dokumentarfilm über den Konflikt um den Dannenröder Wald Deutschlandpremiere. Um ausgewogen berichten zu können, schaute sich der Fotojournalist aus Köln vor Ort um. Er kletterte auch auf Baumhäuser, kurz bevor sie geräumt wurden. Für die „Bergung“ durch die Polizei erhielt er einen Kostenbescheid in Höhe von 1236 Euro. Dagegen klagt Klammer vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden.
„Ich werde nicht wie ein Journalist behandelt, sondern wie ein normaler Aktivist“, sagt der Kölner, für den das der erste Film war. Er habe sich durch Kleidung und Helm als Pressevertreter kenntlich gemacht, habe die Polizei telefonisch informiert, dass er sich in einer zur Räumung anstehenden Konstruktion aufhält. Dem Profi-Fotografen geht es weniger ums Geld, wie er im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau betont. Sondern: Neutrales Beobachten müsse Medienvertretern und parlamentarischer Berichterstattung auch in diesem „Graubereich“ möglich sein.
Fotograf erlebt drei Räumungen
Bei dem Großeinsatz Ende des Jahres wurde das Waldstück für den Lückenschluss der A49 in Mittelhessen geräumt. Ausbaugegner:innen leisteten erbitterten Widerstand, verschanzten sich in Baumhäusern. Eine unbekannte Zahl wehrt sich derzeit ebenfalls dagegen, sich an Polizeikosten beteiligen zu müssen.
Klammer sagt, er habe drei Räumungen hautnah erlebt. Das erste Mal ließen die SEK-Beamte ihn komplett in Ruhe. Er habe filmen können, wie sie die Besetzerinnen und Besetzer sicher nach unten brachten. Beim zweiten und dritten Mal musste er als Erster auf die Hebebühne, um Platz zu machen. Auch dafür habe er Verständnis. „Einige Aktivisten hatten sich angeklebt oder angekettet, Sanitäter mussten sie lösen - ich hätte nur im Weg gestanden.“ Am Boden habe die Polizei seine Personalien aufgenommen, er habe seinen Presseausweis gezeigt.
Dass er beruflich unterwegs war, hatte er auch in den Anhörungsbogen geschrieben, der ihn im Frühjahr erreichte. Im August kamen dennoch die zwei Zahlungsaufforderungen in Gesamthöhe von 1236,16 Euro. Begründet wird die „Kostenerhebung für polizeiliche Amtshandlungen“ damit, dass der Fotograf sich im Waldstück aufhielt, das zuvor zum Sperrgebiet erklärt worden war. Doch als er morgens hinkam, war das Gelände frei zugänglich, argumentiert der Kölner, über den am Donnerstag die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte.
Polizei äußert sich nicht zum Fall des Fotografen
Zu dem konkreten Fall wollte sich der Pressesprecher der zuständigen Polizei Mittelhessen, Guido Rehr, wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern. Allgemein sei zu sagen, dass Personen zunächst mehrmals aufgefordert worden seien, die Konstruktionen freiwillig zu verlassen. „Zudem erfolgte der Hinweis, dass eine Bergung aus dem Gefahrenbereich durch besonders geschulte Beamte zu Einsatzkosten führt, die entsprechende Kostenforderungen zur Folge haben können“, ergänzte Rehr. Das, sagt Klammer, habe er wegen der Höhe und des Geräuschpegels nicht hören können. Beim anderen Mal habe er zu spät bemerkt, dass jemand den Zugang zur Leiter mit Brettern vernagelt hatte.
Die Zusammenarbeit mit den Medien, so der Polizeisprecher abschließend, sei „aus unserer Sicht höchst kooperativ“ gewesen. Für die Pressevertreter sei trotz der Gefahrenlage „höchstmögliche Transparenz“ gewährleistet gewesen. (Jutta Rippegather)